anbauhöhe und geschmack

Slogan wie "Hochlandkaffee" werden uns als Siegel für hochwertige Kaffeequalität verkauft. Doch wie wirkt sich die Anbauhöhe wirklich auf den Geschmack aus?
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Wir finden sie nicht nur auf den Tüten von Supermarkt-Kaffees. Slogan wie „Hochlandkaffee“ oder Qualitätsbeschreibungen mit Anbauhöhen von feinen Arabica-Kaffees sind auch im Bereich der Spezialitätenkaffees keine Seltenheit. Doch warum brüsten sich Kaffees mit dieser Angabe, was möchte uns eine Anbauhöhe von 1500 Metern sagen? Dass der Kaffee besonders gut ist, besonders aromatisch? Oder versucht hier jemand werbewirksame Begriffe aufzubauen, um seinen Kaffees mehr Glanz zu verleihen?

Du hast es bereits erfasst, ganz so einfach ist es nicht. Doch versuchen wir mal, mit diesem kleinen Beitrag einen Einfluss der Anbauhöhe auf den Kaffeegeschmack und Limitationen dieser Betrachtungsweise zu erörtern.

Zunächst müssen wir die beiden als Kaffeegetränk verwendeten Kaffeesorten voneinander separieren: Arabica-Kaffees wachsen auf Höhen zwischen 600, besser 1000 und 2000m über dem Meeresspiegel, während Canephora-Kaffees (besser bekannt unter dem Namen einer ihrer Varietäten: Robusta) meist auf Höhen unterhalb von 900m ü.M. angebaut werden. Robusta-Pflanzen entwickeln eine höhere Konzentration an Koffein, das sich letztlich auch im Kern der Kaffeekirsche (der Kaffeebohne) wiederfindet. Koffein wirkt als Abwehrstoff gegenüber Parasiten und Insekten, die sich wiederum auf niedrigeren Höhen wohler fühlen, als in mehreren tausend Metern über dem Meeresspiegel. Daher haben Canephora-Varietäten wie Robusta einen entscheidenden Überlebensvorteil auf niedrigeren Anbauhöhen gegenüber den Arabica-Varietäten, sodass sie sehr gut auf Höhen unterhalb von 1000m ü.M kulitviert werden können. Außerdem sind sie resistenter gegenüber höherer Luftfeuchtigkeit und größeren Niederschlagsmengen.

Kaffeepflanzen von der Sorte Arabica sind weniger resistent gegenüber Parasiten und großen Niederschlagsmengen und lassen sich ertragreich erst in höheren Lagen mit niedrigerer Luftfeuchtigkeit anbauen. Aus diesem Grund kann man sagen, je näher sich der Arabica-Anbau dem Breitengrad des Äquators nähert, desto höher müssen Arabica-Pflanzen angebaut werden. Gleichzeitig sind die Vorgaben für biologischen Anbau für Arabica-Kaffees in höher gelegenen Anbauregionen leichter umzusetzen, da dort der Einsatz von Insektiziden aufgrund geringerer Parasitenbelastung reduziert oder sogar ganz darauf verzichtet werden kann. Ausnahmen von diesen Beobachtungen bilden Anbaugebiete auf einigen wenigen Inseln, auf die wir weiter unten nur ganz kurz und etwas ausführlicher in einem anderen Blogbeitrag eingehen werden.

 

Was sagt die Anbauhöhe denn jetzt über den Geschmack aus?

Zum einen zeichnet sich die Kaffeesorte Arabica durch eine meist mildere und vielseitigere Aromatik aus (vereinfacht dargestellt, da es auch aromatisch sehr komplexe Robusta-Kaffees und weniger komplexe Arabica-Kaffees gibt). Zum anderen ändern sich mit Zunahme der geographischen Höhe auch die klimatischen Anbaubedingungen, die wiederum ganz direkt Einfluss auf den Kaffeegeschmack nehmen. Die höhere Lage führt zu milderen und weniger schwankenden Temperaturen um 18-25°C, während die Temperatur in tieferen Lagen nicht selten auf über 25°C steigt und auch mal die Marke von 10°C unterschreitet. Zusammen mit der verminderten Sonneneinstrahlung in Hang-Lagen und einer damit einhergehend reduzierten CO2-Aufnahme und Fotosynthese führen die milderen Temperaturen zu einem verlangsamten Wachstum der Kaffeepflanzen. Während ihrer Reifungsphase nehmen die häufig auch kleineren Kaffeekirschen somit mehr Nährstoffe auf, die Konzentration an aromatischen Inhaltsstoffen steigt. Je nach Zusammensetzung der aromatischen Inhaltsstoffen führt dies auch zu einer größeren Aromenvielfalt, da bei Zunahme der Konzentration auch weniger intensive Aromen wahrnehmbar werden. Gleichzeitig zeigt sich bei Kaffeekirschen höherer Anbaulage eine reduzierte Konzentration an Chlorogensäure, auch als Kaffeesäure bekannt. Diese führt später beim gerösteten Kaffee sowohl zu säurebetonteren, als auch bitteren Geschmäckern. Kaffees höherer Anbauhöhe werden somit häufig geschmacklich als milder wahrgenommen. Kaffeepflanzen in niedrigeren Höhenlagen sind im Gegensatz dazu ertragreicher, da sie schneller wachsen und in manchen Regionen sogar neben der Haupternte noch eine zweite Nebenernte pro Jahr zulassen.

 

Sonderstellung Inseln:

Abseits des sogenannten Kaffeegürtels entlang des Äquators, auf dem die Kultivierung der Kaffeepflanzen ertragreich möglich ist, gibt es einige Inseln, wie Hawaii oder den Galapagos-Inseln, auf denen der Anbau von Arabica-Kaffees auch in deutlich niedrigeren Höhenlagen ermöglicht wird. Grund dafür sind besondere klimatische und geographische Bedingungen. Stärkere Winde und verlässliche, tägliche Wolkenphasen bringen gemäßigtere Temperaturen und ausreichend Schatten auch in niedrigeren Höhenlagen. Hinzu kommen spezielle Bodenbeschaffenheit und manchmal noch vor Kaffeeparasiten geschützte Biosphären.

 

Ist Hochlandkaffee jetzt der bessere Kaffee?

Ja, so wie wir das bisher beschrieben haben, klingt das doch fast so. Jedoch wirken sich neben der Anbauhöhe weitere Faktoren, zum einen im Kaffeeanbau und zum anderen in der weiterführenden Verarbeitung der Kaffeekirschen und des Rohkaffees maßgeblich auf das Kaffeearoma aus. Bodenbeschaffenheit und -zusammensetzung (wie zum Beispiel Vulkan- oder Waldböden), Niederschlagsmuster und -mengen, Anbau- und Erntemethoden, die Auswahl der eingesetzten Kaffeevarietäten, sonnengetrocknete, gewaschene oder mischförmige Aufbereitungsformen mit oder ohne gezielter Fermentation, die Lagerung, Röstung und letztlich auch Zubereitung nehmen bedeutsamen Einfluss auf den Geschmack und die Aromatik des Kaffees und entscheiden darüber was du in deiner Tasse entdeckst. Somit lässt sich festhalten, dass die Qualität eines Kaffees nicht ausschließlich an der Anbauhöhe abgelesen werden kann, sondern das multifaktorielle Zusammenspiel der gesamten Kaffee-Wertschöpfungskette zu guten oder weniger guten Kaffeeerlebnissen führt.

 

Anhang ∣ Beispiele anhand einiger Arabica-Varietäten

Im Anhang möchten wir die differenziert zu betrachtende Bedeutung der Anbauhöhe noch an einigen Beispielen für den Anbau von unterschiedlichen Arabica-Varietäten verdeutlichen.

Die Auswahl der zu kultivierenden Kaffeesorten ist eine entscheidende Überlegung eines jeden Kaffeebauern. Die Unterschiede zwischen den Kaffeesorten Arabica und Canephora (Robusta) haben wir oben bereits beleuchtet. Aber auch verschiedene Arabica-Varietäten reagieren verschieden sensibel auf höhere Temperaturen und sind vor allem verschieden resistent gegenüber bekannten und hartnäckigen Kaffeeparasiten. Ein ertragreicher und nachhaltiger Kaffeeanbau hängt daher in besonderem Ausmaß sowohl von der Auswahl der Kaffeesorte, als auch von der Auswahl der Kaffeevarietät ab. Durch moderne Verfahren sind in den letzten Jahrzehnten viele verschiedene Kaffeevarietäten entdeckt worden und können anhand ihrer geschmacklichen und biologischen Charakteristika kategorisiert werden. Hier gehen wir beispielhaft ganz kurz auf Besonderheiten einiger Arabica-Varietäten ein, die den Zusammenhang zwischen Anbauhöhe, Varietät und aromatischer Qualität verdeutlicht und gleichzeitig zeigt, dass die reine Anbauhöhe nicht allein maßgebend ist.

Die weltweite häufigsten Varietäten Typica und Bourbon, sowie ihre weiteren Nachfahren Caturra, Catuai und Mundo Novo: Anbau vor allem in Süd- und Mittelamerika in kühleren Lagen auf sehr großen Höhen. Je nach Breitengrad und damit Entfernung vom Äquator Anbau auf über 1000m (entfernter vom Äquator), bzw 1600m (näher am Äquator), da Temperatur-empfindlich und vor allem weniger resistent gegenüber Parasiten. Erst sehr hohe Anbaulagen führen hier zu besonders guter Kaffeequalität.

Im Vergleich dazu:

SL-28, Baitan: Arabica-Varietäten mit hohem Vorkommen in ostafrikanischen Anbauregionen, wie vor allem Kenia. Bekannt für eine sehr hohe Kaffeequalität. Anbauhöhe für sehr gute Kaffeequalität bereits zwischen 400 und 1200m, was der eher sanften Geographie Kenias entgegenkommt.

Dazu wiederum vergleichend SL-34: ebenfalls fast ausschließlich in Kenia kultiviert und ebenfalls bekannt für ausgesprochen hohe Kaffeequalität, jedoch optimale Anbauhöhe erst bei Höhen über 700, bzw 1200 m ü.M.

Es zeigt sich: Je nach Anbauregion und damit geographischer Eigenheiten ermöglichen unterschiedliche Varietäten einen ertragreichen und qualitativ hochwertigen Kaffeeanbau. Für weitergehende Informationen zu Charakteristika einzelner Kaffeevarietäten können wir dir die Internetplattform der World Coffee Research sehr ans Herz legen: https://varieties.worldcoffeeresearch.org/varieties

 

Autor: Frederik Baumann


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