Auf den Verpackungen unserer Kaffees findest du nicht nur den Namen der Produzent:innen und der Herkunft des Kaffees. Du findest auch eine Bezeichnung zur Aufbereitungsart des Kaffeekirschen nach ihrer Ernte. Denn: Die Aufbereitung des Kaffees hat erheblichen Einfluss auf seinen Geschmack in deiner Tasse. Wie so eine Aufbereitung aussieht und warum sie notwendig ist, erfährst du hier.
Zunächst das Warum: Kaffeebohnen sind die Samen einer Frucht, der Kaffeekirsche (siehe Bild). Um das Fruchtfleisch vom Samen zu trennen und diesen im Anschluss trocknen zu können, braucht es einiger Handgriffe, die Aufbereitung oder auch Processing genannt werden. Traditionell bedeutsam sind vor allem drei Aufbereitungsverfahren, die heute mehr und mehr durch gezielte Fermentationsprozesse ergänzt oder simuliert werden (Mehr hierzu findest du in diesem Beitrag). Diese drei grundlegenden Verfahren stellen wir hier heute vor:
- Washed (gewaschen)
- Natural (sonnengetrocknet)
- Pulped natural, bzw. Honey
Vorab ist es interessant zu verstehen, dass Kaffee eine Frucht ist, die wie jede andere Frucht natürlich reif oder unreif geerntet werden kann. Und dies ist ein wesentliches Qualitätskriterium, das bereits günstige Commodity-/Supermarktkaffees von teureren specialty coffees unterscheidet: Für ersteres wird meist ein buntes Potpurri aus unreifen, mittel-reifen und reifen Kirschen verwendet, während sich eine Spezialitätenkaffee-Qualität eigentlich nur mit ausschließlich reifen Kirschen erzielen lässt.
Zum besseren Verständnis der folgenden Passagen, hier eine bildliche Darstellung des Aufbaus einer Kaffeekirsche mit ihren verschiedenen Schichten.
Skin = Kaffeehaut
Pulp = Kirschfleisch
Mucilage = zucker- und pektinhaltige Schleimschicht
Parchment = Pergamenthaut
Silverskin = Silberhäutchen
Bean = Samen / Kaffeebohne
washed
Beim gewaschenen Prozess (washed) werden die Kaffeebohnen, das heißt die beiden Samen der Kaffeekirsche, direkt nach der Ernte von ihrem Fruchtfleisch (Pulpe) in einem sogenannten Entpulper mechanisch befreit. Jedoch bleiben im Anschluss noch Reste des Fruchtfleisches und der dem Samen anliegenden, zuckerhaltigen Schicht (der sog. Mucilage) an den Bohnen kleben. Um diese Reste vom Samen zu entfernen, werden die Kaffeebohnen in ein Wasserbecken gelegt und dort einem Fermentationsprozess ausgesetzt.
Je nach Beschaffenheit des Wasserbeckens sind sowohl aerobe, als auch anaerobe Mikroorganismen (d.h Bakterien und Hefen) aktiv. Diese spalten (s.o) beim Verzehr des Zuckers Pektine, die die Mucilage am Samen halten. Anschließend kann die Mucilage ganz einfach von der Rohkaffeebohne abgewaschen werden. Diese gewaschenen Rohkaffeebohnen werden schließlich in der Sonne zum Trocknen ausgelegt oder in großen Trocknungsanlagen maschinell getrocknet.
Vorteil dieser Methode ist eine relativ kontrollierte Fermentation der Kaffeebohnen. Besser gesagt, eine reduzierte Fermentation: Der ganze Prozess dauert normalerweise nicht länger als 24 Stunden. Im Vergleich zur sonnengetrockneten Verfahren (nicht selten 21 Tage) bleibt den Mikroorganismen somit nicht viel Zeit, dem Kaffee durch Stoffwechselprodukte aromatische Proteine hinzuzufügen, die ihren Weg in die Kaffeebohne finden.
Kaffees, die auf diese Art aufbereitet wurden, zeichnen sich häufig durch sehr klare, weniger komplexe und intensive Aromen und sehr feine, nuancierte Säuren aus.
Dieses Verfahren ist traditionell in Wasser-reichen und weniger trockenen und warmen Gegenden, wie beispielsweise Mittelamerika, Kolumbien und Teilen Ostafrikas, ein häufig gewähltes Prinzip, um gleichmäßige und vor allem Defekt-freie Kaffees zu produzieren. Die Produzent:innen dieser Gegenden haben aufgrund des feuchten Klimas während der Ernte schlicht nicht die Möglichkeit, ihre Kaffees über einen Zeitraum von 21 Tagen kontrolliert in der Sonne trocknen zu lassen. Der Wechsel aus trockenem und feuchtem Klima führt eher zu unerwünschten Fermentationsprozessen, die aromatisch an Fäulnis, Dreck und intensiven Essignoten erinnern.
Heutzutage werden durch technologische Fortschritte (ausgehend von Kolumbien) in diesen Gegenden immer häufiger maschinelle Trocknungsanlagen eingesetzt, die eine langsamere und vor allem kontrolliertere Trocknung gewährleisten und eine Aufbereitung ohne Einsatz von Wasser ermöglichen.
Kooperative Adenisa, Guatemala: gewaschene Kaffees werden zum Trocknen in der Sonne ausgelegt.
natural
Beim sonnengetrockneten oder auch „natural“ genannten Prozess werden die Kaffeekirschen samt Fruchtfleisch im Anschluss an ihre Ernte sofort zum Trocknen in die Sonne gelegt. In latinoamerikanischen Ländern wird die meist betonierte, flache Fläche, auf der die Kirschen zu liegen kommen, „Patio“ genannt. Durch regelmäßiges Wenden wird eine gleichmäßige Trocknung (und Fermentation) der Kirschen angestrebt und Schimmelbildung vermieden. Je nach Klima liegt der Kaffee nur ein paar wenige Tage oder bis zu drei Wochen in der Sonne.
Während der Trocknung sind zwei Prozesse von Bedeutung:
1. Mikroorganismen verzehren den Zucker, der sich in der schleimhaltigen (und daher als „Mucilage“ bezeichneten) Schicht zwischen Fruchtfleisch und Samen befindet. Dabei spalten sie gleichzeitig Pektine, die das Mucilage am Samen festhalten. So kann das Fruchtfleisch (Pulpe genannt) mitsamt dem Mucilage vom Samen (unserer Rohkaffeebohne) entfernt werden.
2. Währenddessen geben diese Mikroorganismen (also Bakterien und Hefen) Stoffwechselprodukte ab, die über einen langen Zeitraum (von zum Beispiel drei Wochen) in die Rohkaffeebohne gelangen. Zum einen sind diese Stoffwechselprodukte häufig sehr aromatisch und tragen durch ihre Komplexität zur Aromenvielfalt hochwertiger Kaffees bei. Zum anderen verleihen besonders Hefen bei dieser Aufbereitungsform durch die Produktion von Polysacchariden dem Kaffee eine vollmundigere, schwerere Textur.
Daher schmecken gute, sonnengetrocknete Kaffees meist aromatisch komplexer und teils frucht-intensiver und haben eine dichtere Textur.
Diese Aufbereitungsform erfordert jedoch ein zuverlässig trockenes Klima, viel Fläche zum Auslegen der Kirschen und generell mehr Zeit. Daher lassen sich sonnengetrocknete Kaffees traditionell vorwiegend in sehr trockenen und wasserarmen Regionen (bspw Ostafrika: Burundi, Äthiopien) oder im brasilianischen Flachland verorten. In anderen Ländern, die über ähnliche klimatische Bedingungen verfügen, beispielsweise Kenia, wurden Kaffees häufig traditionell (das möchte ich hier unterstreichen, da in Kenia heute eher Marktinteressen ausschlaggebend sind) auch des Zeitfaktors wegen eher schnell gewaschen, als langsam trocken aufbereitet.
Risiko dieser Methode ist bei nicht ausreichend trockenem Wetter ein unerkannter Fäulnisprozess und eine unerwünscht, ungleichmäßig schnelle Fermentation. Diese führen zu intensiven Essig-ähnlichen Aromen, die vor allem damals, aber auch heute noch, als Defekt bezeichnet werden und die Kaffeequalität und den Kaffeepreis dramatisch senken.
Patio der Fazenda Pinheiro in Mococa, Brasilien. Hier werden Kaffeekirschen zum Trocknen in der Sonne ausgelegt und regelmäßig gewendet.
pulped natural, auch "honey" genannt
Der dritte Prozess, „pulped natural“ oder auch „honey“ genannt, kann als Hybrid aus gewaschenem und sonnengetrocknetem Prozess verstanden werden. Hierbei wird das Fruchtfleisch, wie bei „washed“-Kaffees zunächst im Entpulper entfernt. Jedoch bleibt die klebrige Zuckerschicht (Mucilage) um den Samen herum erhalten. Statt in ein Wasserbecken gelegt zu werden, kommen diese Bohnen jetzt auf den „Patio“ zum Trocknen in die Sonne. Weil die Bohnen dabei häufig aneinander kleben, als hätte jemand Honig darauf geschmiert, wird wieder Prozess auch als „honey“ bezeichnet. Je nach dem, wie viel Fruchtfleisch (Pulpe) dabei noch mit der Mucilage am Samen gelassen wird (der/die Produzent:in kann das mit dem Entpulper regulieren) wird noch zwischen yellow, red oder black honey differenziert. Dadurch bekommen die beiden traditionelleren Verfahren (washed und natural) einen Hybrid an die Seite gestellt, der Zwischenstufen zwischen beiden Verfahren zulässt.
Dies merkt man auch geschmacklich: ein „pulped natural“ oder „honey“-Kaffee kann je nach Verfahren aromatisch eher klarer oder komplexer, feiner oder intensiver daherkommen.
Pulped naturals produzieren auch unsere Partner von der Faczenda Matao in Brasilien: Eher unreife grüne und halb-reife gelbe Kaffeekirschen, die bei der etwas weniger selektiven, mechanischen Ernte von den Bäumen gepflückt und anschließend von den reifen, roten Kirschen (unseres Kaffees) separiert werden, werden je nach Reifegrad (und damit Zuckergehalt) zu yellow oder red honeys weiterverarbeitet. Einerseits erzielen sie dadurch eine vollmundige Textur und vollere Aromatik als bei gewaschenen Kaffees, andererseits vermeiden sie eine ungleichmäßige Fermentation, die aufgrund der ungleichmäßigen Reifegrade bei einer klassischen, sonnengetrockneten Aufbereitung drohen würde.
Dadurch erhöhen sie die Qualität dieses Kaffees im Nachgang: sie holen alles raus, was möglich ist.