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Italienische Kaffeekultur

March 27, 2022Frederik Baumann

Mit wenigen Ländern verbindet man Kaffee so sehr wie mit Italien. Doch wie genaus teht es mit Italien als Kaffeenation?

 

Italienische Kaffeekultur

 

Italien Kaffeeland

Wer an Italien denkt, dem läuft unmittelbar das Wasser im Mund zusammen. Pizza, Pasta und Aperitivo bei strahlendem Sonnenschein am Meer locken uns Deutsche seit jeher zum Urlaub über die Alpen. Es scheint, als habe es die Erde mit dem südeuropäischen Stiefel ganz besonders gut gemeint. Das Klima und die abwechslungsreiche Geographie mit beschneiten Alpenspitzen, sanften, grünen Hügellandschaften und dem omnipräsenten Mittelmeer haben seit jeher den Italiener:innen ein ausgeprägtes Bewusstsein für Genuss anerzogen und zur Ausbildung dieser reichen kulinarischen Kultur inspiriert. Ganz besonders die italienische Kaffeekultur hat es im vergangenen Jahrhundert zu weltweitem Ruhm gebracht. Die Erfindung der Siebträgermaschine und damit neuer Kaffeespezialitäten haben einen ganz neuen Stil, Kaffee zu konsumieren, geprägt. Heute reisen wir gedanklich auf einen Espresso an eine Bar am Mittelmeer, schauen tief hinein in die stolze italienische Seele, lassen Erfahrungen langjähriger Italienaufenthalte einfließen und bringen euch näher, wie es um Italien als Kaffeenation steht.

 

Italienische Barkultur

 

Als einer der ersten Europäer:innen brachte der italienische Mediziner Prospero Alpino den Kaffee aus dem osmanischen Reich 1592 nach Venedig, wo um 1645 das erste Kaffeehaus Europas die Tore öffnete. Der Beginn der italienischen Kaffeekultur wie wir sie heute kennen, dürfte mit der Erfindung der Siebträgermaschine um 1900 datiert sein. Zunächst aus Gründen der Zeiteffizienz experimentierte Angelo Moriondo in seiner Bar mit Wasserdruck, um die Brühzeiten von klassischen Filterkaffees zu verkürzen und einen Kaffee schneller zubereiten zu können. Weitere Entwicklungen wie die Erzeugung von höheren Drücken mit Hilfe einer Pumpe durch bekannte Kaffeepersönlichkeiten wie Luigi Bezerra, Desiderio Pavoni und Achille Gaggia führten dazu, dass der Kaffee die anfänglich ungenießbaren Bitterstoffe verlor und sich zunehmend Süße im Espresso ausbildete. Auf diese Weise entwickelte sich ein ausbalancierter, hochkonzentrierter Espresso, wie wir ihn heute kennen. Gleichzeitig sank aber auch die Verweildauer eines Gastes in der Bar, in der sich ein kurzer Espresso schneller verzehren ließ, als die langen Filterkaffees.

Die heute so verehrte, dynamische Barkultur Italiens war geboren:

Der italienische Kaffeekonsum in einer Bar ist im Verhältnis zum nordeuropäischen Verzehr nicht nur stehend, sondern auch recht kurz. Er reicht gerade für einen kurzen Smalltalk mit den Baristi oder einen Blick auf eine der ausliegenden Gazzetten. Dafür erhöhte sich die Frequenz, mit der ein Italiener:in die Bar aufsucht, um seinen Kaffee zu sich zu nehmen, bis die kurzen Kaffeepausen in der Bar heute einen festen Platz in der Alltagsroutine vieler Italiener:innen gefunden hat.  

So eine Routine sieht zumeist so aus: Zum Frühstück reicht nach ausladendem, üblicherweise spätem Abendessen am Vortag meist ein Cappuccino mit Cornetto (Croissant) in der Bar und nach dem Mittagessen (gerne auch außer Haus) ein caffè (Espresso) zur Verdauung. Diese beiden Säulen werden beliebig durch weitere Kaffeepausen ergänzt.

Die Bedeutung des Kaffees zeigt sich auch am Preis: Ein caffé al banco (Espresso an der Bar) kostet meist rund einen Euro, ein Betrag der sich unkompliziert und von der breiten Basis der Gesellschaft bezahlen lässt. Preisvarianzen und -schwankungen eines Kaffees an der Bar sind in Italien ein nicht zu unterschätzendes Politikum. Obergrenzen für Espressopreise al banco werden in Italien nämlich von der Kommune festgelegt. Die schöne, aus Neapel stammende Tradition des „sospeso“ hat sich mittlerweile über ganz Italien verbreitet. Ein „sospeso“ ist ein zusätzlich gezahlter caffè, an dem sich mittellose Bürger:innen bedienen dürfen, um weiterhin am sozialen Leben teilhaben zu können.

 

Kaffee zuhause

 

Den heimischen Kaffeemarkt eroberte Alfonso Bialetti ab ungefähr 1945 mit seinem Moka-Kännchen bis heute. Streng genommen ist dieser Kaffee kein Espresso, da ein Moka-Kännchen nur einen Wasserdruck von maximal 2,5 Bar erreicht, während ein echter Espresso von einer Siebträgermaschine mit 9-15 Bar zubereitet wird. Und so schmeckt der Moka, wie der Italiener zur Differenzierung seinen heimischen Kaffee aus dem Herdkocher nennt, zwar kräftig und vollmundig, wobei auch blumige und fruchtige Noten ihren Weg in die Tasse finden. Die Komplexität und homogene, klare Textur eines Espressos erreicht er jedoch nicht. So kommt es, dass das Italiener:in den guten Kaffee nach wie vor außer Haus trinkt, da doch neben der Kaffeequalität das sonnige Wetter, das rege Treiben in den engen Gassen italienischer Altstädte und die Gesellschaft Gleichgesinnter viel mehr zum Kaffeetrinken in der Bar einladen.

Egal ob caffè zuhause oder an der Bar, getreu eines weit verbreiteten neapolitanischen Sprichwortes, trinkt man einen caffè nur „caldo, comodo e carico“, häufig durch ein viertes C „in compagnia“ ergänzt, was so viel bedeutet wie: Ein Kaffee wird heiß, stark und in Ruhe genossen. Und das ganze am liebsten „in compagnia“, in Gesellschaft.

 

Italien und Specialty Coffee

 

Der traditionell weit verbreitete Kaffee der italienischen Espressi ist ein dunkel gerösteter Blend mit nicht selten höheren Canephora-Anteilen (geläufiger als Robusta bezeichnet) von bis zu 60 %. Dieser verleiht ihm eine satte Crema und einen besonders kräftigen, an dunkler Schokolade erinnernden und von Röstaromen geprägten Geschmack. Hellere, aroma-schonendere Röstungen, wie sie die third-wave-Specialty-Coffee-Szene bevorzugt, finden in Italien aufgrund des sehr gefestigten Bewusstseins für besonders säurearme, kräftige Espressi, deren ausgeprägte Bitterkeit gerne mit dem einen oder anderen Löffel Zucker ausbalanciert wird, nur recht langsam Anklang, am ehesten ausgehend von größeren Metropolen wie Mailand und Rom oder kleineren herausstechenden Röstereien im norditalienischen Umland.

 

 

Italienische, espressobasierte Kaffeespezialitäten

 

 

Der Espresso (plural: Espressi), in Italien meist einfach „caffè“

Ein Espresso ist ein kurzer (@ 45 ml umfassender), hochkonzentrierter Kaffee, der mit Hilfe einer Siebträgermaschine und einem Druck von 9-15 Bar zubereitet wird. Je weiter man Richtung Süditalien und Italiens selbsternannte Kaffeehauptstadt Neapel reist, desto kürzer und stärker wird er (siehe Ristretto).

Ein doppelter Espresso wird einfach als Doppio bezeichnet.

 

Der Espresso macchiato (pl: Espressi macchiati), übersetzt: „befleckter/fleckiger Espresso“

Ein Espresso macchiato ist ein Espresso mit einem Tropfen warmem Milchschaum.

Er ist eine kulturell akzeptierte Konsumform eines Espressos, wenn dessen Säure und Intensität durch Milch gemildert oder der Milchverzehr im Rahmen eines Frühstück-Cappuccinos reduziert werden soll. In Form eines doppeltes Espressos entsprechend Doppio macchiato genannt.

 

Der Ristretto (pl: Ristretti), übersetzt: „enger (Kaffee)“

Ein Ristretto ist ein verkürzt gezogener Espresso, der dadurch noch konzentrierter und intensiver, gleichzeitig aber auch weniger bitter wird.

Heute verbreiteter in südlichen Teilen Italiens oder aber auch zur Zubereitung des australischen und mittlerweile auch bei uns sehr verbreiteten Kaffeemilchgetränks „Flat white“ genutzt.

 

Der Cappuccino (pl: Cappuccini), übersetzt: “kleine Kapuze“

Ein Cappuccino ist ein Milchgetränk, bestehend aus einem Espresso, der in der traditionellen Form durch eine Milchhaube zu einem Getränk von circa 180-200ml ergänzt wird. Heute wird die Milch auch in Italien zunehmend feinporiger aufgeschäumt, sodass sich Espresso und Milch homogener vermengen.

Der Cappuccino ist in Italien ein reines Frühstücksgetränk und wird in einer Bar nach ungefähr 11:00 Uhr nicht mehr bestellt.

 

Der Latte macchiato (pl: Latti macchiati), übersetzt: „befleckte/fleckige Milch“

Eine aufgeschäumte Milch (ca 250-300ml) wird mit einem Espresso (oder auch noch weniger) beträufelt.

Der Sage nach als Kaffegetränk für Kinder erfunden, die den Eltern nacheifernd auch an der Kaffeezeremonie teilnehmen wollten. Das Getränk findet sich entsprechend auf keiner Menükarte einer italienischen Bar außerhalb ausländischer Touristenströme.

 

Der Espresso/caffè corretto (pl: caffè corretti), übersetzt: “korrigierter Kaffee“

Ein Espresso wird ergänzt durch einen alkoholhaltigen Schuss Grappa, Sambuca, Brandy oder Amaretto. Er wird besonders nach dem Mittag- oder Abendessen als verdauungsfördernd geschätzt.

 

Der Americano (pl: Americani), häufig auch synonym als „lungo“ bezeichnet

Ein mit heißem Wasser verlängerter (doppelter) Espresso

Der Legende nach wurde er für die amerikanische Besatzung nach dem zweiten Weltkrieg erfunden, der der kurze Espresso zu intensiv war und die sich nach einem langen, verdünnten Kaffee sehnte.

 

Unser Nashorn

 

Für unsere Fans italienischer Espressi haben wir mit dem Nashorn eine Kreation geschaffen, die mit einer helleren, aromaschonenden Röstung die komplexen und süßen Nuancen der hochwertigen Rohkaffees hervorhebt und gleichzeitig den kräftigen, nussigen Noten italienischer Blends nachempfunden ist. Satte Crema inklusive. Unser Blend kommt mit 80% Arabica, natural aufbereitet, von der Fazenda Matao in der Region Mococa in Brasilien und 20% Canephora, natural aufbereitet, von der Kaweri Estate aus dem District Mubende in Uganda.

 

Den ikonischen Bialetti Herdkocher findest du hier im Equipment-Shop.

 

Autor: Frederik Baumann

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